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Man kann die Streuung von geladenen Teilchen (z.B. Elektron, Alpha-Teilchen) nutzen, um durch Streuung an Atomkernen Informationen über die räumliche Verteilung von elektrischer Ladung und über die magnetische Dipoldichte zu gewinnen.

Streuung[]

Spezialfall: Elastische Streuung

Es gilt die relativistische Impulserhaltung:

Und man fordert auch noch, dass die invarianten Massen der Streupartner unverändert bleiben:

Daraus kann man leicht folgern, dass Energieübertrag und Streuwinkel zusammenhängen sind.

Anders sieht es bei der inelastischen Streuung aus:

Hier geht das Streuzentrum b in einen angeregten Zustand über. In der Energiebilanz kann man deshalb nicht mehr annehmen, dass die invariante Masse von b bei der Streuung erhalten bleibt:

mit den lorentzinvarianten Größen Im Laborsystem (b in Ruhe) gilt:

Es bietet sich nun an, die Inelastizität des Streuprozesses durch eine neue Variable zu quantifizieren, der dimensionslosen Bjorken'schen Skalenvariablen:

Offensichtlich gilt elastische Streuung.

Rutherford-Streuung[]

Im Grenzfall bzw. kleiner Impulsüberträge (gegenüber der Masse des Streuzentrums) sehen alle Teilchen punkftörmig aus. Für niedrige Strahlenergien (E=O(MeV)) beschreibt dann die Rutherford-Formel den WQ für Streuung von geladenen Teilchen (Ladung z*e) an Atomkernen (Ladung Z*e). Dieser beschreibt die Streuung am Coulombpotential und berücksichtigt keinen Rückstoß und auch keine magnetische Wechselwirkung.

Das zweite Gleichheitszeichen gilt im nicht relativistischen Grenzfall, wenn man statt des Viererimpulsübertrags den Dreierübertrag einsetzen kann

Mott-WQ[]

Die Berücksichtigung des Spins des Elektrons (beim Alpha-Teilchen unnötig) führt zu einer Korrektur:

Das zweite Gleichheitszeichen gilt im Ultrarelativistischen Grenzfall Hat das Streuzentrum eine Struktur multipliziert man den Mott-WQ noch mit dem Absolutquadrat des Formfaktors (3d-Fouriertrafo einer radialsymmetrischen auf eins normierten Ladunsgverteilungsfunktion):

Der durch elastische Streuung bei verschiedenen Impulsüberträgen ausgemessene Formfaktor ermöglicht direkten Rückschluss auf die Form und Ausdehnung des Streupotentials. Es zeigt sich, dass vor allem schwere Kerne alle nahezu die gleiche Nukleondichte von aufweisen.

Auflösung der Nukleonstruktur[]

Elastische Streuung am Nukleon[]

Um ein Nukleon aufzulösen sind Strahlenergien im 100MeV-1GeV Bereich notwendig, das ist genau die Größenordnung der Nukleonmassen weshalb man den RÜckstoß im Mott-WQ durch einen zusätzlichen Faktor E'/E berücksichtigen muss:

Da das Absolutuadrat des Viererimpulsübertrags für hohe Strahlenergienenergien (und ) negativ ist, führt man eine neue positive Größe ein:

Berücksichtigt man nun die magnetische WW zwischen Streuteilchen (mit g-Faktor 2, da Dirac-Spinor) und einem punktförmigen Streuzentrum (ebenfalls mit g-Faktor 2), so ergibt sich mit :

Für ein punktförmiges Teilchen mit abweichendem g-Faktor:

Für ausgedehnte Teilchen braucht man zwei Formfaktoren (magnetisch + elektrisch):


mit für Neutronen

für Protonen

mit für Neutronen

für Protonen

Die Tatsache, das für impliziert, dass das Neutron aus geladenen Sub-Partikeln bestehen! Die experimentell bestimmten Formfaktoren lassen sich sehr gut durch einen Dipolfit beschreiben.

Außer der elastischen Streuung treten natürlich auch inelastische Prozesse auf. Neben einigen deutlich erkennbaren Resonanzen (zB die Delta-Resonanz) finden für über ein breites Kontinuum von Endenergien des Streu-Elektrons inelastische Streuprozesse statt. Es zeigt sich, dass diese Aufschluss über die innere Struktur der Nukleonen geben können.

Tiefinelastische Streuung[]

Durch die Bedingungen für elastische Streuung stehen Streuwinkel und Energieübertrag in einer festen Beziehung zueinander. Lässt man diese fallen und mißt experimentell den Wirkungsquerschnitt sowohl nach Raumwinkel als auch nach Endenergie aufgelöst, so ist es möglich inelastische Prozesse zu untersuchen. Es zeigt sich, dass für sehr hohe Strahlenergien der totale WQ von inelastischen Prozessen dominiert wird.

Bei der elastischen Streuung am Nukleon ergab sich Dipolformfaktor für das Nukleon, welcher einer exponentiell abklingenden Ladungsverteilung entspricht. Es zeigt sich bei der Untersuchung der inelastischen Streuung, dass das Nukleon punktförmige Konstituenten (Partonen) enthalten muss, welche geladen sind und Spin 1/2 haben. Für sehr hohe Strahlenergien verhalten sich diese Konstituenten beinahe wie freie Teilchen (mit einem Bruchteil des Gesamtimpulses des Nukleons), an denen man elastisch streut (Asymptotische Freiheit der Starken WW). Die experimentellen Befunde erlauben dann einen Rückschluss über die Impulsverteilung der Konstituenten im Nukleon.

Zunächst setzt man den Wirkungsquerschnitt analog zur elastischen Streuung am Nukleon an, wobei der zusätzliche Freiheitsgrad der Streuenergie berücktsichtigt werden muss:

Untersucht man nun die Streurate bei hohen Werten für die invariante Masse W des Streuzustands, so findet man experimentell, dass die Formfaktoren kaum von . Ein konstanter Formfaktor ist aber gerade kennzeichnend für ein punktförmiges Streuzentrum.

Führt man außerdem die dimensionslösen Strukturfunktionen ein:

dann findet man experimentell, dass die Strukturfunktionen fast unabhängig von Q^2 sind und dass die folgende Callan-Gross-Relation (innerhalb der Fehler) erfüllt ist:

Das ist deshalb von großer Bedeutung, weil man dadurch schließen kann, dass die Streuzentren Spin-1/2 Dirac-Spinor-Fermionen (genau wie Leptonen) sein müssen. Dies sieht man leicht ein, indem man die Callan-Gross-Relation ausnutzt um den WQ auf eine Form zu bringen, die sehr ähnlich aussieht, wie die elastische Streuung an punktförmigen Dirac-Spinor-Fermionen (s.o.).


Damit dies genau der Streuung von zwei Dirac-Spinoren entspricht, vergleichen wir den Vorfaktor des vom Tangens abhängigen Summand.

Führt man eine effektive Masse des Streuzentrums ein: , so hat der Vorfaktor gerade die gewünschte Form (s.o.):


Quarks und Gluonen[]

Man kann die Strukturfunktion als Impulsverteilung der Partonen im Nukleon auffassen. Misst man sie für alle Werte der Skalenvariable, so lässt sich durch Integration der Gesamtanteil des Nukleonimpuls berechnen, der von den Parton-Streuzentren getragen wird. Man bezeichnet diese punktförmigen spin 1/2 Dirac-Fermionen als Quarks.

Es zeigt sich . Das bedeutet aber, dass es noch andere Komponenten im Nukleon gibt, welche nicht elektromagnetisch wechselwirken. Man ordnet diesen fehlenden Impuls den Gluonen (masselose Austauschbosonen in der QCD) zu.

Man kann (allerdings ist dies experimentell schwieriger) auch mit Neutrinos tiefinelastisch an Nukleonen streuen. Dies bietet den Vorteil, dass Neutrinos schwach wechselwirken: Da die Kopplung der schwachen Wechselwirkung abhängig von der Händigkeit von Fermionen und Anti-Fermionen ist, lassen sich durch Streuung von Neutrinos an Neutronen und Protonen genauere Informationen über die Art der Streuzentren herausfinden.

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